Eine Verhandlung vor dem Strafgericht ist immer ein gefürchteter Termin. Es geht um viel, oft um Existenzen. Daher ist eine gründliche Vorbereitung auf die Verhandlung enorm wichtig.
Im Folgenden lege ich dar, wie ich meine Mandanten auf Verhandlungen bestmöglich vorbereite.
1. Vollständige Aktenkopie
Vor der Verhandlung nehme ich Akteneinsicht und stelle sicher, dass die Aktenkopie vollständig ist.
Ich achte darauf, nicht nur die neuen, sondern auch allfällige, bislang von der Akteneinsicht ausgenommene Aktenteile beizuschaffen. Denn die Staatsanwaltschaft hat die Möglichkeit, Aktenteile temporär von der Einsicht auszunehmen. Sobald der Akt bei Gericht ist, müssen jedoch alle Aktenteile zur Verfügung gestellt werden.
2. Studium und Besprechung des Aktes
Ich studiere den Akt im Detail und übermittle ihn meinem Mandanten zur Durchsicht.
In weiterer Folge besprechen wir die Aktenteile gemeinsam. Besonders wichtig sind folgende Dokumente:
· Abschlussbericht der Polizei
· Vernehmungen anderer Prozessbeteiligter
· bei Durchsuchungen sichergestellte Dokumente (beispielsweise E-Mail-Korrespondenzen oder Chats)
· Ergebnisse von Telefonüberwachungen
· Lichtbilder oder Videos zum Tatgeschehen
Darüber hinaus setzen wir uns mit allen sonstigen Aktenteilen, die der eigenen Verantwortung widersprechen, gründlich auseinander.
3. Festlegung der eigenen Verantwortung
Wichtigster Teil der Vorbereitung auf eine Verhandlung ist die Festlegung der eigenen Verantwortung.
Zunächst prüfe ich die bisherige Verantwortung im Verfahren, die üblicherweise in einer Beschuldigtenvernehmung oder schriftlichen Stellungnahme dokumentiert ist. Gemeinsam mit meinem Mandanten überlegen wir uns, ob wir diese ändern oder ergänzen möchten.
Änderungen der Verantwortung sind insbesondere dann, wenn ich einen Akt erst im Stadium der Hauptverhandlung übernehme, immer wieder erwünscht. Leider kommt es regelmäßig vor, dass Beschuldigte, die unvertreten vor der Polizei ausgesagt haben, mit der Protokollierung ihrer Aussage nicht (vollständig) zufrieden sind. In solchen Fällen ist es besonders wichtig, bisherige Unstimmigkeiten oder Unvollständigkeiten in der Hauptverhandlung aufzuzeigen und zu erklären.
Darüber hinaus kommt es vor, dass seit der Aussage vor der Polizei oder einer schriftlichen Stellungnahme weitere Aktenbestandteile hinzugekommen sind, zu denen der Mandant noch keine Stellung bezogen hat. Auch diese berücksichtigen wir nun in Vorbereitung auf die Verhandlung.
4. Durchführung eines Frage-Antwort-Spiels
Aufgrund meiner jahrelangen Erfahrung weiß ich, welche Fragen Richter und Staatsanwälte gern stellen. Zur optimalen Vorbereitung macht es Sinn, den Prozess mit solchen Beispielfragen durchzuspielen.
Die Simulation einer Verhandlung nimmt meinem Mandanten die Furcht vor bestimmten Fragen. Insbesondere emotionale oder provokante Fragen, die aufkommen könnten, nehme ich in diese Simulation auf.
Weiters können wir auf diese Weise interaktiv erarbeiten, welche Informationen wichtig und welche weniger von Bedeutung sind. Dadurch stellen wir sicher, dass die für uns wesentlichen Fakten dargelegt werden und mein Mandant sich nicht in unwichtigen Details verzettelt.
Auch die Beantwortung von Fragen auf kurze und prägnante Weise ohne Ausschweifungen, wie zumeist empfohlen, trainieren wir in einer Simulation.
5. Formulierung einer zusammenhängenden Darstellung
Angeklagte haben die Möglichkeit, vor ihrer Befragung eine zusammenhängende Darstellung zu den Vorwürfen abzugeben, ohne durch Zwischenfragen unterbrochen zu werden. Dies empfiehlt sich vor allem in komplexen Verfahren wie beispielsweise Wirtschaftsstrafverfahren.
Durch eine zusammenhängende Darstellung wird die Verantwortung in einem protokolliert. Der Angeklagte kann in der Folge auf diese verweisen, wenn er befragt wird. Dies ist gerade im Falle von Nervosität eine gute Möglichkeit, um die Verhandlungssituation zu erleichtern.
Ich rate meinen Mandanten daher in größeren Verfahren oft, eine derartige Darstellung zu formulieren. Wichtig ist mir dabei, dass sie dies selbst tun und sie in ihren eigenen Worten entwerfen, damit sie sich damit wohl fühlen.
Vor Gericht ist es hilfreich, die Darstellung anhand schriftlicher Notizen vorzutragen, da ansonsten aufgrund von Aufregung die Gefahr besteht, dass wichtige Dinge vergessen werden.
6. Formulierung von Fragen an andere Prozessbeteiligte
Gemeinsam mit meinen Mandanten bereite ich Fragen an andere Prozessbeteiligte, zB Zeugen oder Mitbeschuldigte, vor. Insbesondere nehmen wir Widersprüchlichkeiten und Unklarheiten in der Verantwortung anderer Prozessbeteiligter in unsere Fragen auf.
Es ist immer hilfreich, Fragenprogramme vorzubereiten, selbst wenn einzelne Fragen dann schon vom Gericht oder der Staatsanwaltschaft gestellt und für uns hinfällig werden sollten. Durch die Dokumentation stellen wir sicher, dass wir in der Verhandlung nichts vergessen.
Situationselastisch stelle ich in der Verhandlung dann noch zusätzliche Fragen.
7. Vorbereitung von Beweisanträgen
Falls wir Entlastungszeugen oder sonstige Beweise beantragen wollen, bereite ich die Beweisanträge vor der Verhandlung vor.
Beweisanträge müssen nach strengen gesetzlichen Regeln mündlich in der Verhandlung gestellt werden, damit ihnen gefolgt wird. Durch eine schriftliche Vorbereitung stelle ich sicher, dass ich diesen Regeln bei der mündlichen Antragstellung entspreche. Dazu legen wir dar, weshalb die Aufnahme des Beweises zur Widerlegung der Vorwürfe geeignet und erforderlich ist.
Sollten Sie Unterstützung bei der Vorbereitung auf eine Verhandlung benötigen, so stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.