Praxistipps Insolvenzstrafrecht – was man bei Zahlungsunfähigkeit aus strafrechtlicher Sicht vermeiden sollte
- RA Mag. Simone Marxer
- 26. März
- 3 Min. Lesezeit
Das Unternehmen steht vor dem Ruin und nun droht auch noch ein Strafverfahren?
Die Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens hat nicht selten die Einleitung eines Strafverfahrens zur Folge. Bereits bei finanziellen Problemen und insbesondere bei einer drohenden Insolvenz ist daher große Vorsicht im Bereich Finanzmanagement geboten.
I. Strafbare Handlungen bei Insolvenz
1. Grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen
Der Straftatbestand des § 159 StGB sanktioniert die Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit oder eine Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen durch sogenanntes kridaträchtiges Handeln. Was unter kridaträchtigem Handeln zu verstehen ist, wird in § 159 Abs 1 Z 5 StGB genauer definiert. Zusammengefasst sind dies folgende Handlungen:
Zerstören oder Beiseiteschaffen eines bedeutenden Bestandteils des Vermögens;
Außergewöhnliche Geschäfte, die nicht zum gewöhnlichen Wirtschaftsbetrieb gehören;
Ein grobes Missverhältnis zwischen Einnahmen und Aufwendungen;
Nachlässige Buchhaltung, insbesondere keine oder unübersichtliche Führung von Geschäftsbüchern oder keine/verspätete Erstellung von Jahresabschlüssen.
Darüber hinaus muss die Handlung grob fahrlässig (auffällig sorglos) sein. In der Praxis ist die Widerlegung der groben Fahrlässigkeit jedoch sehr schwer. Verfahren werden meist bei Vorliegen der objektiven Indizien schon eingeleitet und die subjektive Tatseite erst während des Verfahrens erörtert.
Daher sollte möglichst präventiv dafür gesorgt werden, dass bei finanziellen Problemen des Unternehmens keine kridaträchtigen Verhaltensweisen gesetzt werden.
2. Betrügerische Krida
Vermögensverschiebungen bei schlechter finanzieller Lage des Unternehmens werden häufig auch als betrügerische Krida verfolgt.
Der Tatbestand der betrügerischen Krida gemäß § 156 StGB sanktioniert das Beiseiteschaffen oder Verringern von Vermögen, wenn dadurch zumindest ein Gläubiger beeinträchtigt wird.
Insolvenz oder drohende Zahlungsunfähigkeit muss nicht vorliegen. Allerdings sehen Ermittlungsbehörden Vermögensverschiebungen bei trister finanzieller Lage häufig als Anzeichen für eine Absicht, Gläubiger zu benachteiligen.
Im Gegensatz zur oben beschriebenen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen gemäß § 159 StGB, für die grobe Fahrlässigkeit ausreicht, erfordert die betrügerische Krida vorsätzliches Handeln des Täters. Jedoch genügt es für den Vorsatz, wenn der Täter die Benachteiligung des Gläubigers lediglich ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet. Auch hier ist in einem Verfahren oft schwer nachweisbar, dass kein Vorsatz vorliegt.
3. Gläubigerbenachteiligung
Strafbar ist neben der Beiseiteschaffung von Vermögen auch die Ungleichbehandlung von Gläubigern nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit. Wird ein Gläubiger voll befriedigt, während die Forderung eines anderen Gläubigers offen bleibt, so ist der Tatbestand des § 158 StGB erfüllt. Dieser lässt sich nicht mit dem Argument, dass man ja eine gültige bestehende Verbindlichkeit gegenüber einem anderen Gläubiger erfüllt habe, widerlegen.
Der Täter muss auch bei diesem Delikt vorsätzlich handeln, wobei es wiederum ausreicht, wenn er die Benachteiligung eines Gläubigers ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet.
Bei schlechter finanzieller Lage ist daher auch auf die Gleichbehandlung von Gläubigern besonders zu achten.
4. Betrug
Zusätzlich zu den obigen Delikten werden bei Geschäften eines finanziell schlecht gestellten Unternehmens häufig Betrugsvorwürfe gemäß §§ 146 ff StGB erhoben.
Denn Geschäftspartner, deren Forderungen nicht (gänzlich) beglichen werden, behaupten oft, bereits vor Geschäftsabschluss über die finanzielle Situation und die Zahlungsunfähigkeit getäuscht worden zu sein. Hätten sie über die finanzielle Lage Bescheid gewusst, so hätten sie das betreffende Geschäft gar nicht abgeschlossen.
Ein Geschäftsabschluss bei schlechter finanzieller Ausgangssituation indiziert auch das Vorliegen des für den Betrug notwendigen Vorsatzes auf Täuschung, Schädigung und Bereicherung.
5. Vorliegen mehrerer Delikte
Häufig werden in einer Anzeige die Vorwürfe des Betrugs, der betrügerischen Krida, der Begünstigung und der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen parallel erhoben.
Welches Delikt vorliegt, wird dann im Rahmen des Strafverfahrens beurteilt. Sofern kein vorsätzliches Verhalten nachweisbar ist, verbleibt häufig die grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen gemäß § 159 StGB mit einem geringeren Strafrahmen.
II. Typischer Ablauf eines Verfahrens und Verteidigung
Meist wird in Ermittlungsverfahren wegen insolvenzstrafrechtlicher Vorwürfe zur Beurteilung des Zeitpunkts des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit ein Sachverständiger aus dem Fachgebiet der Wirtschaftsprüfung bestellt. Die Erstellung des Gutachtens dauert oft mehrere Monate, vereinzelt sogar über ein Jahr. Dies ist für Beschuldigte enorm belastend. Denn in der Zeitspanne bis zum Einlangen des Gutachtens lässt sich wenig tun, um die Vorwürfe zu entkräften. Die Staatsanwaltschaft nimmt in dieser Zeit meist kaum Ermittlungsschritte vor und wartet das Einlangen des Gutachtens ab.
Gegen das Gutachten kann man sich meist am besten durch Beiziehung eines Privatsachverständigen aus demselben Fachbereich wie der bestellte Sachverständige wehren. Dieser hat die nötige Expertise zur Feststellung von Mängeln im Gutachten.
Im Falle einer Anklageerhebung erscheint die Beiziehung des Privatsachverständigen auch zur Stellung von Fragen an den Sachverständigen während der Hauptverhandlung sinnvoll.
Zusammengefasst ist die Beiziehung eines privaten Experten besonders dann, wenn die Vorwürfe komplexe Fragestellungen aus dem Bereich der Wirtschaftsprüfung enthalten, zu empfehlen. Hierdurch kann ein positiver Verfahrensausgang am besten erreicht werden.
III. Was kann ich präventiv tun?
Durch Schulungen im Bereich Criminal Compliance kann strafbarem Verhalten im Zusammenhang mit Insolvenzen vorgebeugt werden.
Ich biete Schulungen mit Praxisbeispielen in diesem Bereich an, um Sie bestmöglich aufzuklären und das Risiko einer Strafbarkeit zu minimieren.
Sollte gegen Sie ein Verfahren wegen insolvenzstrafrechtlicher Vorwürfe anhängig sein oder Sie präventive Beratung in diesem Bereich wünschen, so kontaktieren Sie mich gerne.
Gemeinsam finden wir die bestmögliche Lösung in Ihrer individuellen Situation.